Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen Multi-Step und Single-Step wird mit Blick auf Abbildung 1 deutlich: Mit der Einführung von Single-Step wird es künftig nur noch einen kombinierten Zuchtwert (gZW) geben. Dieser vereint alle verfügbaren Informationen aus Phänotypen, Pedigree und Genotypen in einem einzigen Wert. Damit entfällt die Unterscheidung zwischen dem konventionellen Zuchtwert (ZW) und dem direkten genomischen Wert (dGW), wie sie beim Multi-Step-Verfahren vorgenommen wurde.
Quelle: vit
Der größte Vorteil des Single-Step Verfahrens: Die Zuchtwerte werden noch sicherer. Besonders bei Gesundheits- und funktionalen Merkmalen ist ein durchschnittlicher Sicherheitszuwachs von bis zu 14 % zu erwarten. Gerade junge, genomische Bullen profitieren von diesem Sicherheitsschub. Doch auch typisierte weibliche Holsteins gewinnen durch das neue Verfahren an Zuchtwertsicherheit. Je sicherer die Zuchtwerte geschätzt werden, desto höher ist der erzielbare Zuchtfortschritt – sowohl in der eigenen Herde als auch auf Populationsebene.
Mit der höheren Sicherheit geht auch eine größere Stabilität der Zuchtwerte einher. Dadurch fallen die Veränderungen von einem Zuchtwertschätztermin zum nächsten geringer aus. Dies ermöglicht es Züchtern, ihre Entscheidungen auf einer verlässlichen Grundlage zu treffen, was ebenfalls den Zuchtfortschritt nachhaltig fördert.
Quelle: vit
Wie bereits erwähnt, wird die Einführung von Single-Step im April 2025 die Sicherheit vieler Zuchtwerte erhöhen und somit die Qualität der Zuchtwertschätzung weiter verbessern. Dies führt einmalig zu spürbaren Veränderungen in den Zuchtwerten, insbesondere bei jungen, genomischen Bullen. Da nahezu jedes Zuchtmerkmal von der Umstellung betroffen ist, werden sich auch die Gesamtzuchtwerte der Tiere verändern. In der Praxis bedeutet dies, dass es zu Rangverschiebungen der Bullen in den Top-Listen kommen wird.
Auch die Zuchtwerte der weiblichen Tiere werden sich teilweise verändern. Durch die höheren Sicherheiten und die damit verbundenen größeren Streuungen wird sich das allgemeine Zuchtwertniveau leicht anheben. Ein weiterer positiver Effekt: Die gesteigerte Zuchtwertsicherheit ermöglicht fundiertere Selektionsentscheidungen auf weiblicher Seite, wodurch der innerbetriebliche Zuchtfortschritt gezielt gesteigert wird.
Dies wird auch durch die sogenannte Praxisvalidierung bestätigt, bei der rein-genomische Jungtier-Zuchtwerte mit deren tatsächlichen, späteren Leistungen verglichen werden. Ein anschauliches Beispiel liefert Abbildung 2, die den Zusammenhang zwischen dem Zuchtwert RZEuterfit und der Mastitisrate darstellt. Die Ergebnisse sprechen für sich: Die 25 % der Tiere mit den höchsten RZEuterfit-Zuchtwerten zeigen eine nur halb so hohe Mastitisrate im Vergleich zu den Tieren mit den niedrigsten Zuchtwerten. Dies unterstreicht die hohe Aussagekraft der genomischen Zuchtwerte und deren praktischen Nutzen für eine gezielte Selektion auf gesündere Kühe.
Mit der Umstellung auf Single-Step ändert sich zwar die Berechnungsmethode der Zuchtwerte, ihre Interpretation und die Arbeit mit den Zuchtwerten bleibt aber gleich. Mit den Single-Step Zuchtwerten steht den Milchviehhaltern ein effektives und zuverlässiges Werkzeug zur genetischen Verbesserung der eigenen Herde zur Verfügung. Die Umstellung auf Single-Step ist für die deutsche Holstein-Zucht ein bedeutender Schritt vorwärts und ermöglicht noch bessere Zucht auf leistungsstarke und gesunde Milchkühe.
Christin Schmidtmann, vit
Zuchtfortschritt ist kein Zufall!