Herdentypisierung

Im Fokus

Herdentypisierung macht für alle Sinn

Die Typisierung von Rindern und anderen Tieren ist wie ein Ahnentest beim Menschen – nur dass wir hier nicht nur herausfinden, ob die Oma wirklich Italienerin war, sondern auch, welche besonderen Fähigkeiten und Schwächen im Genpool des Einzeltieres
vorliegen. Hohe Milchleistung, kurze Striche, krumme Beine – die Antworten liegen im genetischen Bauplan! Seit knapp 15 Jahren liefert die genomische Selektion wertvolle Einzeltierinformationen, die ungenutzte Potenziale aufdecken. Seit dem Start von KuhVision 2016 wuchs die Anzahl der typisierenden Betriebe zunächst stark, später moderater. Heute nutzen etwa 21 % der milchrinderhaltenden Herdbuchbetriebe im MASTERRIND-Gebiet die genomische Analyse. Rund 30 % der Kühe in diesem Gebiet sind nach Angaben des vit bereits typisiert. Das aktuelle Neukundenangebot* sorgte zuletzt für einen deutlichen Anstieg der Nachfrage!

„Die Herdentypisierung ist wie das Einsteigen in einen Zug: Anfangs mag es aufwendig erscheinen, doch wer stehenbleibt, sieht irgendwann nur noch die Rücklichter – während die anderen schon weit voraus sind“, bringt es Sönke Hinnemann-Weilinghoff, Herdenmanagement-Berater MASTERRIND treffend auf den Punkt. Der Datenexperte beobachtet, dass erfolgreiche Betriebe die Typisierung zur Optimierung von Genetik und Management nutzen, was sich im Betriebserfolg widerspiegelt. Die besten 10% der Benchmark-Betriebe typisieren ihre Herden. Denn auch wenn das Management entscheidend ist, bleibt ein Tier mit besserer Genetik immer im Vorteil. Grund genug, mit den gängigen Ausreden aufzuräumen.

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Drei typische Ausreden beim Thema Herdentypisierung – und warum sie nicht zählen!

Ausrede 1: „Wir haben das noch nie gemacht – es funktioniert doch auch ohne.“Natürlich läuft ein Betrieb auch ohne die zusätzlichen Informationen aus der Herdentypisierung. Aber stellen Sie sich vor, Sie wüssten schon am 14. Lebenstag eines Kalbes, ob es das Potenzial hat, bei ordentlicher Pflege später eine produktive, unauffällige Kuh zu werden. Was nach dem Blick in die Glaskugel klingt, ist dank genomischer Informationen heute Realität! Die Arbeitskraft ist begrenzt, die Jungrinderaufzucht teuer, und das Geld wird mit dem Milchverkauf verdient. Ein Kalb, dessen genomische Analyse zeigt, dass es später nur eine geringe Milchleistung erreichen wird, anfällig für Mortellaro und Mastitis ist und eine schlechte Melkbarkeit aufweisen wird, sollte frühzeitig den Betrieb verlassen. So spart der Betrieb wertvolle Arbeitszeit und Ressourcen. Die stärksten Kälber bleiben und bilden den Grundstock für eine gesunde, produktive Herde!
Ausrede 2: „Ich kenne doch die Mutter, ich weiß, was ich von ihren Kälbern erwarten kann“Berechnungen des vit zeigen, dass die Vorhersage der erwarteten phänotypischen Leistung auf Basis der Pedigree-Informationen nur etwa 35 % Sicherheit bietet. Mit genomischen Informationen hingegen liegt die Sicherheit aktuell bei rund 79 % – und ab der nächsten April-Zuchtwertschätzung, dank der neuen Single-Step-Methode, sogar bei 85 %! Diese Genauigkeit macht es möglich, bereits im Iglu gezielt vorzuselektieren, statt auf den glücklichen Zufall zu hoffen. Ein weiterer großer Vorteil der genomischen Zuchtwertinformationen: Schon vor der ersten Kalbung lassen sich fundierte Anpaarungsentscheidungen treffen. Das ist ein entscheidender Schritt nach vorne, denn ohne die zusätzlichen Informationen war das erst ab der zweiten Kalbung möglich. Das Resultat? Mehr Zuchtfortschritt durch die strategische Besamung mit gesextem Sperma und eine gezieltere Entwicklung der Herde.
Ausrede 3: Wenn ich die „Macken“ sichtbar mache – wohin dann mit den schlecht getesteten Kälbern?Keine Sorge: Betriebe, die in die Herdentypisierung einsteigen, verbessern das genetische Niveau ihrer Herde oft schneller, als sie erwarten – und ihre Nachzucht wird für andere Betriebe zunehmend interessant und lukrativ. Wer gezielt selektiert und die besten weiblichen Tiere mit den besten Bullen anpaart, merkt die Qualitätsverbesserung der Herde schon früh. Voraussetzung dafür sind natürlich optimale Pflege- und Aufzuchtbedingungen. „Wir erleben immer wieder Erfolgsgeschichten, die zeigen, dass sich die Auseinandersetzung mit genomischen Informationen lohnt“, berichtet Sönke Hinnemann-Weilinghoff (Fachberater Herdenmanagement). Betriebe, die bereits länger typisieren, erzielen auf dem Kälbermarkt für weibliche HF-Kälber Preise, die mit denen guter Kreuzungskälber vergleichbar oder sogar höher sind. Nutzt man die zusätzlichen Informationen aus der Typisierung konsequent, zeigt sich nach zweieinhalb bis drei Jahren ein deutlich sichtbarer Effekt. „Ohne diesen Weg wird der Abstand zu typisierenden Betrieben immer größer, und der Preisdruck nimmt zu!“, warnen die Fachberater einstimmig.

Fazit

Die umfassende Nutzung genomischer Informationen ist, nach der Verbesserung der Fütterungs- und Haltungsbedingungen, der nächste entscheidende Schritt im modernen Herdenmanagement. Die zusätzlichen Daten aus der Herdentypisierung eröffnen milchrinderhaltenden Betrieben neue, fundierte Entscheidungswege und tragen entscheidend zur Effizienzsteigerung und Betriebsoptimierung bei. Die Auswertungen zeigen klar: Betriebe, die auf die Typisierung verzichten, verschenken wertvolles Potential – der Unterschied im genetischen Niveau zu typisierenden Betrieben wächst kontinuierlich.

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